· 

WENN DER ALLTAG LEISER WIRD

Mir ist es gerade zu laut. Und zu viel. Seit Wochen gibt es gefühlt nur dieses eine Thema. Covid-19. Ja, der ominöse Virus ist mittlerweile in unserem Leben angelangt und in dem, was von einem Alltag noch übrig ist. Und ja, bleibt vorsichtig, bleibt vernünftig, bleibt Zuhause. Doch das anhaltende mediale Gebrüll darüber stresst mich. Im Minutentakt übertrumpfen sich die Schlagzeilen. Mit teilweise wirren Zusammenhängen und sinnlosen Vergleichen. Inhaltslos. Kopflos. Panikmache. Offizielle Auflagen für Schutz und Prävention werden genutzt, um andere mit erhobenem Zeigefinger zu denunzieren. Jeder weiß es besser und keiner ist im Recht. Experten für oder gegen die Politik. Politik für oder gegen das Volk. Es gibt wieder Gut und Böse. Richtig und falsch. Zwei Fronten statt einer Gemeinschaft für diese eine Sache.  Eigentlich birgt eine Krise immer die Chance, daran zu wachsen. Und ich finde es sind schon viele großartige Ansätze daraus entstanden. Allen voran die initiierte Kampagne mit dem einfachen Hashtag #wirbleibenzuhause, der so viele über die Sozialen Medien wieder vereint. Digitale Wohnzimmerkonzerte großer Künstler und viele Online-Unternehmen, die ihre Leistungen für diesen Ausnahmezeitraum kostenlos zur Verfügung stellen. Starköche die im Rahmen der Kochen-fuer-Helden-Initiative Pflegekräfte und Ärzt*innen bekochen oder Hotels, die diese kostenlos übernachten lassen. Die Aktion Regenbogen malen, um Kinder untereinander Mut zu machen und überhaupt finde ich all die Nachbarschaftszusammenhalte und die gegenseitige Fürsorge eine feine Sache. Das ist groß, das bringt uns weiter. Und näher zusammen.

 

Doch die andere Seite dieser Krise spaltet uns. Zerrt uns auseinander. Bringt uns gegeneinander auf. Sie zeigt, dass Angst noch nie ein guter Berater war. In keiner Situation. Lächerliche Hamsterkäufe, die uns vor Augen führen, wie wichtig sich jeder selbst in so einer Situation ist. Oder wie es eine Influencerin so schön sagte: „Sinnbildlich dafür ist doch das Toilettenpapier, jeder schaut nur nach seinem eigenen Arsch.“ Ja, und vergisst dabei auch seinen Kopf zu benutzen. Es folgen organisierte Corona-Partys oder Online-Challenges, um sich durch das Ablecken öffentlicher „Stellen“ am schnellsten zu infizieren. Hirnlos. Unvernünftig. Egoistisch. Dann wird es mir wieder zu laut. Der ganze mediale Corvid-19-Zirkus dröhnt in meinen Ohren. Zu viel. Zu penetrant. Denn irgendwo zwischen Wir-bleiben-Zuhause, Kurzarbeit und ständigem Händewaschen ist auch noch unser Leben.

 

Da sitze ich also, genieße die wärmenden Sonnenstrahlen und das frühlingshafte Zwitschern der Vögel. Für diesen Moment ist Covid-19 mal kurz vergessen. Ich bin gesund. Noch. Meine Familie auch. Und das ist alles, was gerade zählt. Wir halten uns an die Schutzvorgaben, wir passen auf. Aber ich sehe mich nicht berufen, andere nach ihrem Verhalten zu bewerten oder mich ständig wegen dieser Krise medial wahnsinnig zu machen. Wir tun was wir können, wir sind vernünftig und wir denken logisch. Mehr kann ich nicht tun, außer das Beste daraus zu machen. Das ist für uns die gemeinsame Zeit. Zeit mit meinem Mann und meiner kleinen Tochter. Zeit, die wir so sonst nie hätten. Zeit, die wir geschenkt bekommen haben. Zeit für das Wesentlich und wirklich Wichtige. Ich zelebriere die Häuslichkeit. Das Glück eigener vier Wände. Das Geschenk eines blühenden Gartens. Die ersten freien Schritte deines Kindes, während es Mama sagt. Glück durch Zufriedenheit. 

 

Wenn mir das mediale Dröhnen des Corona-Trubels zu laut wird, dann führe ich mir immer wieder vor Augen: „Unsicherheit ist laut, Selbstbewusstsein ist still.“ Denn ich werde das Gefühl nicht los, das ein Großteil dieser aufgebauschten Berichterstattung reine Unsicherheit ist. Daher suche ich die Stille im Bewusstsein. Im weniger von allem

und im gegenwärtigen Moment. Denn einfach so weiter machen, als wäre nichts, kann ich auch nicht. Munter an Blogthemen schreiben fühlt sich nicht gut an. In den Sozialen Medien weiter auf der Corona-Welle zu surfen auch nicht. Der künstlich initiierte Digitalaustausch mit Familie und Freunden erfüllt mich nicht – ich möchte sie einfach mal wieder umarmen. Echt bleibt echt. Also versuche ich diese intensive Zeit zu nutzen, um meine eignen Werte zu überdenken, um Dankbarkeit bewusst zu zelebrieren und Freude in den vermeintlich alltäglichen Dingen wiederzufinden. Wir nehmen den Alltag immer als etwas so selbstverständliches wahr. Doch ich denke gerade jetzt merken wir, dass Alltag alles andere als alltäglich ist. Vielleicht ist er wie das Wort schon sagt alles, was der Tag uns gibt. Wir wissen nie, ob es nicht doch unser letzter ist. Also lasst uns jeden (All-)Tag schätzen. Und wenn ich mir wünschen könnte, was wir aus dieser Krise neben Gesundheit für unser Leben mitnehmen, dann wäre es ein Alltag, der nicht getrieben wird von höher, schneller und weiter. Sondern ein Alltag, der langsamer, bewusster und menschlicher geworden ist.

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 9
  • #1

    Montse (Donnerstag, 09 April 2020 12:23)

    Bewundernswert wie du diese Situation zu Papier bringst. Ich liebe es!❤️

  • #2

    Marella (Donnerstag, 09 April 2020 15:39)

    Das ist mal wieder eine wunderschöne „Romina- Weisheit“!
    Du gehst wirklich das Thema sehr analytisch und sympathisch an.
    Vielen Dank liebe Romina ❤️

  • #3

    Nadja (Donnerstag, 09 April 2020 15:47)

    so betrachte, empfinde und lebe ich auch grad ❤️
    schön zusammengefasst
    bleibt gesund und dankbar auf hoffentlich bald mal! Grüße von
    Nadja, Felix und Marie

  • #4

    E-Peter Knopf (Donnerstag, 09 April 2020 17:23)

    Ganz großartig, Romina, Du findest wunderbare Worte zu Deiner überaus positiven Lebenseinstellung. Ich bin ganz bei Dir❣

  • #5

    UMarie (Donnerstag, 09 April 2020 17:29)

    Deine Gedanken berühren mich sehr - wie oft habe ich den Alltag nur „bewältigt“.
    Unseren Alltag werde ich bewusster und mit Dankbarkeit beachten.
    Schöner Beitrag zum nach- und umdenken! �

  • #6

    Lena (Donnerstag, 09 April 2020 20:12)

    Sehr, sehr schön geschrieben und so wahr!!! Danke fürs Gedanken-teilen :) <3

  • #7

    Gaby (Freitag, 10 April 2020 09:47)

    Liebe Romina,
    ich bin ein großer Fan deines Schreibstiles ,inhaltlich wunderbar auf den Punkt gebracht ....behalte immer dein positives Denken �
    Wir wünschen euch 3en sonnige Ostertage ☀️

  • #8

    Papa & Opa (Freitag, 10 April 2020 15:04)

    Ganz toll und treffend zu Papier gebracht, bin mächtig stolz auf meine Tochter *

  • #9

    Kathrin (Montag, 13 April 2020 19:43)

    Sehr schöne Gedanken, die ich völlig mit dir Teile � Die Krise als ein Geschenk irgendwo zu sehen gerade was das Kind angeht, die Kleinen genießen das, dass Mama und Papa mehr Zeit haben.